Die Geschichte der Vogelfluglinie ist eng mit den im 19. Jahrhundert herrschenden politischen Verhältnissen verbunden. Bis zum deutsch-dänischen Krieg 1863/64 unterstanden die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg der dänischen Krone, während das Fürstentum Lübeck (der spätere Landkreis Eutin) zum Großherzogtum Oldenburg (Oldb.) gehörte und Lübeck und Hamburg freie Hansestädte waren. Dänemark war vor allem an einer Landverbindung zwischen Ost- und Nordsee zum Vorteil des eigenen Handels interessiert. Als erste Bahnverbindung in Holstein entstand daher eine Strecke von Kiel nach Altona ("Christian VIII Ostseebahn", später Altona-Kieler Eisenbahn) mit Abzweig nach Glückstadt. Um einen zweiten Ostseehafen anzubinden, wurde eine weitere Zweigbahn von Neumünster über Ascheberg und Eutin nach Neustadt (Holst.) projektiert und am 1.6.1866 in Betrieb genommen. Auch Planungen und Vermessungsarbeiten für eine Verlängerung dieser Bahn über Oldenburg (Holst.) und Heiligenhafen zum Fehmarnsund war noch vor dem deutsch-dänischen Krieg in Angriff genommen worden, um die Insel Fehmarn, die als "Kornkammer Holsteins" galt, an das Schienennetz anzuschließen. Eine direkte Verbindung von Hamburg über Lübeck nach Neustadt (Holst.) wurde jedoch von Dänemark wegen der politischen Gegensätze zu den Hansestädten abgelehnt. So konnte Lübeck zunächst nur eine Verbindung mit der Berlin-Hamburger Eisenbahn erreichen, die als Lübeck-Büchener Eisenbahn (LBE) 1851 in Berieb ging. Erst auf preußischen Druck hin stimmte Dänemark der Vorbereitung einer direkten Verbindung von Hamburg nach Lübeck durch die LBE zu, die 1865 eröffnet wurde.

Inzwischen waren Schleswig und Holstein im deutsch-dänischen Krieg an Preußen gefallen. Auch Preußen war jedoch am Wohle der von Preußen unabhängigen Hansestädten Lübeck und Hamburg nur bedingt interessiert. Es stellte sich daher wie Dänemark gegen eine direkte Verbindung von Lübeck nach Neustadt (Holst.) und zeigte auch kein Interesse an einer Strecke von Neustadt (Holst.) zur Insel Fehmarn. So wurden die vor dem Krieg begonnenen Planungen für die letztere Verbindung auf Initiative der Neustädter Bürger und der Landwirtschaft des Kreises Oldenburg (Holst.) fortgeführt und um Strecken auf der Insel Fehmarn erweitert. Eine kürzere, wenn auch nicht direkte, Verbindung von Neustadt nach Lübeck über Eutin kam 1873 auf private Initiative hin durch Eröffnung der Eutin-Lübecker Eisenbahn (ELE) zustande.

Bis zur Eröffnung der Verbindung nach Fehmarn dauerte es noch etwas länger, so daß das Streckennetz der Kreis Oldenburger Eisenbahn (KOE) erst zwischen 1881 und 1905 eröffnet werden konnte (siehe Streckendaten). Die eigentliche KOE-Strecke Neustadt - Heiligenhafen war als Nebenbahn konzessioniert. Die Strecken Lütjenbrode - Großenbroder Fähre und Fehmarnsund - Orth mit dem dazwischenliegenden Trajekt wurden später als eigenständige Kleinbahn Lütjenbrode - Orth eröffnet, deren Betriebsführung der KOE oblag. Die Betriebsführung der KOE unterlag allerdings ihrerseits der Altona-Kieler Eisenbahn (AKE), die die Strecke Neustadt (holst.) - Heiligenhafen auch erbaut hatte und die Fahrzeuge stellte. In Neustadt (Holst.) wurde der AKE-Bahnhof mitbenutzt. Nach Verstaatlichung der AKE ging die Betriebsführung ab 1.11.1888 auf die KPEV KED Altona über.

Sowohl der Personen- als auch der Güterverkehr entwickelten sich sehr positv. Im Personenverkehr gab es durchgehende Züge bis/ab Eutin, Kiel und Lübeck. Im Güterverkehr spielte die An- und Abfuhr von landwirtschaftlichen Produkten, vor allem Getreide und Schweine, in der sehr fruchtbaren Gegend naturgemäß die größte Rolle. Daneben waren die Anfuhr von Brennstoffen nach Fehmarn und die Bedienung der Hafengleise in Heiligenhafen, Burgstaaken und Orth von größerer Bedeutung. In Heiligenhafen sorgte auch eine KOE-eigene Kiesgrube mit schmalspuriger Feldbahn für Verkehrsaufkommen. Lokschuppen und Werkstatt befanden sich in Oldenburg, weitere kleine Lokschuppen in Heiligenhafen und Burg. Auf Fehmarn waren eigene Loks stationiert, so daß in der Regel nur Wagen trajektiert zu werden brauchten. Ab 1923 ging die Betriebsführung auf die DR RBD Schwerin über. Aufgrund von Differenzen mit der DR schloß die KOE dann aber einen Betriebsführungsvertrag mit der Elmshorn-Barmstedt-Oldesloer Eisenbahn ab. Ab 1.7.1931 übernahm die KOE dann selbst diese Aufgabe und beschaffte eigene Fahrzeuge.

Ab 1936 stieg der Verkehr auf der KOE durch neu errichtete militärische Anlagen erheblich an. In Oldenburg fanden Verladungen für das Truppenübungsgelände und den Panzerschießplatz in Putlos statt, während in Heiligenhafen eine Fliegerkaserne, in Neustadt die Kriegsmarine und auf Fehmarn mehrere weitere Militäreinheiten versorgt wurden. Zwischen Lütjenbrode und Großenbrode entstand eigens ein Anschlußgleis zum Seeflughafen Großenbrode. Den Anstieg des Verkehrs, nach einer Abnahme aufgrund der Weltwirtschaftskrise in der ersten Hälfte der 30er-Jahre, verdeutlichen die folgenden Zahlen:

Jahr Personen Güter-t

1925 468.700 187.400

1929 425.700 222.200

1936 408.000 187.500

1940 1.002.900 397.000


Seit den 20er-Jahren war von der Deutschen Reichsbahn und der Dänischen Staatsbahn energisch der Plan einer direkten Verbindung zwischen Hamburg und Kopenhagen über Lübeck - Neustadt (Holst.) - Fehmarn unter Einbeziehung von Strecken der KOE, der ELE und der LBE vorangetrieben worden. Dieser Plan ging auf die Idee des Glückstädter Ingenieurs Gustav Kröhnke zurück, eine Eisenbahnfährverbindung über den Fehmarnbelt zwischen Puttgarden und Rødby zu schaffen. Geschichtlichen Überlieferungen zufolge hatte dort bereits im 13. Jahrhundert ein Fährverkehr stattgefunden, der sich allerdings im 18. Jahrhundert auf deutscher Seite nach Burgstaaken verlagerte und im 19. Jahrhundert aufgrund neuer Fährverbindungen von Heiligenhafen nach Lolland sowie von Kiel und Lübeck nach Skandinavien zunächst ganz zum Erliegen gekommen war. Als Vorleistung für die neue Vogelfluglinie war 1928 zunächst die lang ersehnte direkte Verbindung (Lübeck -) Bad Schwartau - Neustadt (Holst.) als Staatsbahn hergestellt worden. Zu einem ersten baureifen Entwurf für die Verbindung nach Puttgarden kam es jedoch erst 1940. Ein 1941 abgeschlossenes Abkommen zwischen Deutschland und Dänemark war dann Grundlage für die noch im selben Jahr beginnenden Baumaßnahmen. Gleichzeitig wurden die ELE (am 1.5.1941) und die KOE (am 1.8.1941) verstaatlicht. Die LBE war bereits am 1.1.1928 auf die DR übergegangen. Der Krieg unterbrach jedoch 1943 die Arbeiten, die bis dahin auf deutscher Seite 8 Mio Reichsmark gekostet hatten. Dämme und Unterführungen blieben halbfertig und ungenutzt im Gelände stehen.

1949 wurden die Planungen für den Bau der Vogelfluglinie wieder aufgenommen. Um dem immer schneller wachsenden Eisenbahn-, aber auch Kraftfahrzeugverkehr gerecht zu werden, einigten sich die DB und die DSB jedoch zunächst auf eine Fährverbindung zwischen Großenbrode Kai und Gedser als Zwischenlösung, die am 15.7.1951 eingerichtet wurde. Da der Fährhafen Großenbrode beim ehemaligen Seeflughafen eingerichtet wurde, konnte für den Bahnanschluß auf das dort vorhandene Anschlußgleis zurückgegriffen werden. Der Weiterbau der Bahnverbindung zum neu zu errichtenden Fährhafen in Puttgarden konnte zunächst aufgrund der angespannten Finanzlage der DB und des Bundes nicht in Angriff genommen werden. Erst 1958 sorgte ein Regierungsabkommen zwischen Deutschland und Dänemark für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten. Am 14.5.1963 wurden die Neubaustrecke nach Puttgarden und die Fährverbindung ab Puttgarden eröffnet. Die Fahrzeit für die Fähre nach Rødby verkürzte sich dadurch von 2 ¾ Stunden ab Großenbrode Kai auf 55 Minuten ab Puttgarden.


Weitere Einzeldaten


e-kontakt[at]kuestenbahn[dot]de, Stand  17.02.2000